Martin Grzimek * 8. 4. 1950 Trutzhain. - Schriftsteller

Biographisches: Martin Grzimek studierte Theaterwissenschaft in Berlin, Philosophie und Literaturwissenschaft in Heidelberg. Aufenthalte: 1986-1992 in Venezuela; 1997-2000 in Chile. Lebt seit 2000 bei Heidelberg. Herbst 2000 Besuch der Colgate University, Hamilton, New York (Literatur-Workshop); Herbst 2003 als Olive B. O'Connor Visiting Professor an der Colgate University, Hamilton, New York.

Weitere Informationen (Literaturszene Heidelberg).

Zum Werk: Martin Grzimeks erster Roman Berger (München 1980) handelt von dem Frührentner Johannes P., der sein Leben als Teil eines nur durch bilanzierende Berechnungen begreifbaren Systems betrachtet. Erzähler des Romans ist der Soziologiestudent Berger, P.s Untermieter. Er rekonstruiert P.s Situation aus dessen Tagebuchaufzeichnungen, die das paranoide Psychogramm eines Menschen zeigen, der nicht in der Lage ist, eine Beziehung zu anderen herzustellen. P. scheitert an seiner Sucht, alles Unbekannte seinen Ordnungsvorstellungen zu unterwerfen und zu beherrschen: Er wird schließlich selbst zum Opfer. Einsamkeit ist auch Thema des Erzählbands Stillstand des Herzens (München 1982). In Trutzhain. Ein Dorf (München 1984) rekonstruiert Grzimek die letzten 50 Jahre der Geschichte des hessischen Dorfes, in dem er geboren wurde und aufwuchs. Das Dorf entstand aus einer Barackensiedlung, die zunächst Zivilinternierte und Kriegsgefangene beherbergte, zeitweise auch jüdische Zwangsverschleppte, und die schließlich von Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten bewohnt wurde. Grzimek radikalisiert seinen knappen Stil. Er stellt historische Fakten aus den Anfängen der Bundesrepublik Deutschland neben die Ereignisse der 80er Jahre, um politische Zusammenhänge deutlich zu machen.

Weitere Werke: Die Beschattung. Roman (München 1989); Feuerfalter. Kriminalroman (München 1992); El Factor Tropical - Venezolanische Skizzen (Caracas 1992); Von einem, der verzweifelt versucht, sich zu verlieben. Erzählungen (München 1995); Mostar. Ein literarisches Tagebuch (Heidelberg 1995); Ein Bärenleben. Rudi Bärenstark. (München 1995; 1997); Das Austernfest (Hamburg 2004); Die unendliche Straße (München 2005); Tristan (München 2011); Ich, Hannibal, der Floh, 2018; Aufsätze über Walter Benjamin und Rolf Dieter Brinkmann.

Preise: 1980 Hermann Hesse Förderpreis; 1981 Rauriser Literaturpreis; 1982 Literaturpreis des BDI; 1983 Förderpreis des Kultusministeriums Baden-Württemberg; 1993 Deutscher Krimipreis; 1993 Glauser-Preis für besten deutschen Kriminalroman; 2001 Arbeitsstipendium Künstlerhaus Edenkoben

Sekundärliteratur: Klaus Hoffer: Diese schreckliche Begierde, eine Beziehung herzustellen. Laudatio auf Martin Grzimeks Roman Berger. In: Manuskripte 21, H. 74 (1981), S. 30-32.

 









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