Venedig
Die Häuser
sind Dichte
Fall
und Entfernung
Eine Knochenbleiche
ist das Licht
das verlängert
verkürzt
die Traumblößen
unserer Körper
Im Wasser
die Über-
führung
nach nirgends
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Vivaldi
Für seine rotfiedrigen
Vögel
die in ihren Kehlen nisten
und sich als Noten tarnen
linieren
die Waisenhausmädchen
sorgfältig
die Einbildung ihrer
Luft
und versehen
das Schwirren
das zunimmt
mit Schlüsseln
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Robert Schumann
Verwaist im Ton a
der Himmel
Aus den Stücken
von einst
nur noch das Schrittgeräusch
das ihn von sich entfernt
die Böschung hinunter
wo das Flußbett
sein Bett ist
und er dem Wasser
zusieht
wie es ihn auflöst
in die ziellose
Körperlichkeit
seiner
Glieder
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Morandi
Das pudrige fasrige
vertrocknete Licht
in dem der Tod ist
wie in seinem Namen
Die Kälte geht von den Gefäßen
aus
Gefäße die er gemalt hat
und die mich umstehen
weil in ihnen mein Blut aufhört
zu fließen
Einen Augenblick sieht
er mich an
Durchsichtig wird mein Körper
Jetzt ist er aus Glas
Ein gelbblasser Schmerz
Aber die Farbe war von jeher
in seinen Bildern
Ich gehe ihn nichts mehr an
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Malewitsch
Sein schwarzes Kreuz markiert
wenn ich dort bleibe
das Quadrat in dem er
der regelstrenge Mönch des Möglichen
mich und sich auslöscht
Ich sehe noch den nach oben
gerückten Kreis
Wie lange das her ist
daß er ihn abgeleitet hat
von der Sonne
Ich weiß der Kreis bedeutet nichts
in der eigenschaftslosen Kälte
die zunimmt
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Mona Lisa
Ihre Angst
jenseits der Schlaf-
und Redewege
wo die Traumhaftung
der Liebe aufhört
und der Körper
beginnt
ist wenn überhaupt
gespielt
Ihr geschieht nichts
Sie ist eine Füchsin
Zwischen den gemalten Hügeln
verwischt sie die Spuren
jeder Art von Liebe
Gegebenenfalls stellt sie sich
tot
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Der Schnurrbart der Mona Lisa
Morgenstern und ich
sind bei Duchamp
Ich deute auf den Flaschenständer
Inzwischen sei er eine Dornenkrone
in Gestalt einer mehrstöckigen
Torte
Ich bin es die das sagt
Duchamp wirft mir Erlösungssucht vor
Morgenstern springt mir bei
Jedenfalls ist er für die Sichtbarmachung
der Torte
Beide sind wir hungrig
und essen sie auf
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Traumschule
Die Mädchen in den
schlafverhexten Zimmern
auf Stühlen und Stühlchen
Somnambul buhlen sie
um Einen dem sie x-beinig
sich entgegenhalten
Körperlos ist er bis auf
die Brauen die schwarz und buschig sind
die er ausbreitet als böse Wälder
in denen er ihre Körper umfängt
und dann auf ihnen liegt
lähmend
Stunde um Stunde
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Am Fluss unten
Es ist befremdlich
wie mir
seitdem wir uns hier
umarmten das Schilf aus
der Haut wächst
und die Beine umschlingt
Und dann die lächerliche
Verzweiflung der Hände
die schneiden und schneiden
wie sonst denn könnte ich
fort
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Schlafwüste
Alt bin ich und die Freunde sind
tot
In der Nacht kennen mich die Bäume
nicht mehr
Aber sie kommen in mein Zimmer
Sie zeigen mir ihre Wurzeln
Völlig entblößt die Gebeine
Ich müßte Erde holen
Sie aber wollen Wasser
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Die Mutter
Wenn sie das Meer ist
muß man sie leertrinken
Die Stranderfindung des Kindes
wo sie ihre Teller aufstellt
Sie will nichts zu essen
höchstens ein kleines Stück
von ihm selbst
schon eine Fingerkuppe genügt
Es soll sich einteilen lernen
und das ohne Gefühl
Die Gleichgültigkeit
sichert das Überleben
Unsere tägliche Überschwemmung
gib uns heute betet das Kind
während sie über den Strand dahinwogt
aufschäumt zerfällt
In den Lachenresten noch einmal ihr Himmel
den sie ihm ins Gesicht spritzt
und dann ihr Jammer
weil er Schmutzränder hinterläßt
So viel Aufhebens denkt das Kind
wenn sie doch Wasser ist
das alles fortwäscht
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Reitschule
Ein Zimmer ausgelegt mit Erde
Pferde gehen auf ab
Stundenweis vermietet
In der Stille jeweils
sinken die Reiter ein
Jahrelang hält sich das Zimmer
hinter dem Glas
Überall liegengebliebene Bewegungen
Selbst wenn wir könnten
wir nähmen sie nicht auf
Unsere Augen sind aufgebraucht
Der die Zeit mißt mit einem Zügel
sagt: Der Schatten der Pferde
ist für die Toten
und führt uns hinein
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