Über die Zeit in der Schule, also Frühjahr 1889 bis Frühjahr 1897, schrieb Paul Leppin in seinem Erinnerungsartikel »Meine ersten Dichterjahre« (Deutsche Zeitung Bohemia. Jg. 86. Nr. 81 v. 23. März 1913, Oster-Beilage, [S. 59]. ):

Das war in der Sexta in dem alten, lieben Gymnasium in der Stephansgasse. Während der Griechischstunde war immer ein Geflüster und Getuschel und zerknitterte Zettel gingen heimlich von Hand zu Hand. In der zweiten Bank hatte ich mit meinem Freunde Jüthner die Redaktion einer Kneipzeitung etabliert, die unseren wöchentlichen Zusammenkünften in einem kleinen Gasthause in der Weinberge eine besondere Würze geben sollte. Der Einkauf von Manuskripten war ein ungeheurer. Beinahe die halbe Klasse lieferte Beiträge bei uns ab, aber es war nicht viel „Druckreifes” darunter. So blieb es denn zumeist mir und meinem Mitschüler Kamill Hoffmann, der unterdessen Redakteur geworden ist, vorbehalten, den gereimten und den ungereimten Text zu den Bildnissen unserer Professoren zu schreiben, die die geschicktesten Zeichner der Sexta mit Liebe und Bosheit entworfen hatten. Mein Freund Jüthner machte die Witze in der Rubrik „Buntes” und im „Kleinen Anzeiger”. Als dann nach einigen Tagen angestrengtester Tätigkeit die erste Nummer auf sauber lithographierten Blättern erschien, hatte sie einen Bombenerfolg, Bei unserem nächsten Kneipabende wurde ich viel gefeiert und ich genoß mit Behagen zum erstenmale die berauschende Süßigkeit einer neidlosen Anerkennung.

Es ist mir später nur selten so gut gegangen. In den letzten zwei Gymnasialjahren schrieb ich ganze Stöße von Versen und Prosaskizzen nieder, die ich auch ab und zu meinen Kameraden in der Zehnuhrpause vorlas. Aber die große Begeisterung, die meinem ersten Debut gefolgt war, konnte ich nicht mehr damit erwecken, weil ich der heitern Muse, der Satire, Valet gesagt hatte und mich in weltschmerzlerischen Grübeleien verlor. Besonders die Sommerferien waren der unentwegten literarischen Arbeit geweiht. Ich schrieb damals unter anderem ein großes, modernes Drama in vier Akten, dem ich den etwas gestaltlosen Titel „Menschen” gab. Kamill Hoffmann, mit dem ich in dieser Zeit in einer regen künstlerischen Beziehung stand, war überaus entzückt über diesen köstlichen Titel und meinte, er passe ganz wunderbar zu einem jeden Theaterstück. Und darin mag er wohl recht gehabt haben.

Erst nach der Matura erschien mein erstes Gedicht in einer Breslauer Monatsschrift. Damit war ich nun offiziell ein „Dichter” geworden. Ich ließ mir die Haare über die Ohren wachsen und dachte über eine individuelle Methode nach, meine Krawatte zu knüpfen.

Die Matura erfolgte im Frühjahr 1897. Er war 18 Jahre alt. Paul Leppin fährt in seinen Erinnerungen fort:

Ein paar rabiate Buchkritiken, die ich in dem von Ludwig Jakobowski geleiteten Literaturjournale „Die Gesellschaft” veröffentlichte und die in jener jugendlichen Ueberhebung geschrieben waren, welche Frechheit leicht mit Geist verwechselt, lenkte die Aufmerksamkeit „Jung-Prags” auf mich. Ich wurde, achtzehn Jahre alt, in den Vorstand eines neuen Künstler- und Schriftstellervereines gewählt, den man als Trutzbund gegen die „Konkordia” gegründet hatte. Nun begann für mich ein bisher ungekanntes, regelloses Leben mit Kaffeehaussitzungen, die bis zum Morgengrauen währten und in der Frühdämmerung in einem anderen Kaffeehause geschlossen wurden. Mit überhitzter Leidenschaftlichkeit wurden da endlose Wortgefechte geschlagen und über Kunst und Kultur disputiert, während eine Zigarette nach der anderen zwischen unseren zitternden Fingern verkohlte. Der Verein hat sich dann nach einem Jahre ganz von selbst aufgelöst, ich glaube es war an dem Tage, an dem die Statthalterei endlich unsere Statuten bewilligte. Aber die Nachtsitzungen bestanden fort, denn ich hatte in diesem buntzusammengewürfelten Kreise einige Freunde gefunden, an die ich mich anschloß. Da war Karl Johannes Schwarz, der Autor des seit langem zu Unrecht vergessenen Romanes „Der Ungebändigte”, der uns mit seinen funkelnden und diabolischen Kaffeehausphantasien so prachtvoll in Erregung zu versetzen verstand, Oskar Wiener, den ich oft noch nach spätem Aufbruch bis zu seiner Behausung im wildesten Westen von Karolinental in der Nähe des Invalidenplatzes begleitete, Hugo Steiner, der jetzt Professor an der Akademie der graphischen Künste in Leipzig ist und der später schon als junger Meister der Buchillustration meinen Gedichtband „Glocken, die im Dunklen rufen” mit schönen Bildern geschmückt hat.

Zu der Frage, ob diese Erinnerungen stimmen können, siehe die Diskussion zu »Jung-Prag